Knappenverein Heven

Die Knappenvereine und der Knappenverein Heven

Artikel des Bürger- und Heimatvereins Heven

Mancher  Leser wird sich fragen, gibt es denn überhaupt noch Knappen und sogar  Knappenvereine im südlichen  Ruhrgebiet ? Knappenvereine  gibt es noch. Zwar  nicht mehr so häufig aber da wo sie noch existieren, entwickeln sie ein durchaus reges Leben und sie finden in der Regel mit ihren Veranstaltungen bei den Mitbürgern eine gute Resonanz. „Echte“ Knappen sind in den Vereinen allerdings dünn gesät, meistens sind sie Rentner oder arbeiten heute in anderen Berufen. Aufgrund des fehlenden aktiven Bergbaus an der Ruhr, sind heute in diesen Knappenvereinen auch viele an der Bergbauhistorie interessierte Nichtbergleute Mitglieder.

Die Geschichte der  Knappenvereinigungen ist aber auf das Engste verbun­den mit der Entwicklung des Bergbaus.

Diese Vereinigungen bemühten sich von Anfang an um die sozialen Belange der Bergleute.

Das “organisierte“ Knappschafts­wesens nahm in diesen Vereinen seinen Anfang.

Heute besteht allerdings die Hauptaufgabe der in unserer Region noch aktiven Knappenvereine in der bergmännischen Traditionspflege. Sie sind aber auch ein wichtiger ge­schichtsverbindender Faktor in der „Geburtsregion“ des Kohleberg­baus an der Ruhr.

Auch in Heven gab es einen Knappenverein. Aufgrund des fehlenden Nachwuchses löste sich der Verein um 1999 / 2000 auf. Zu der Zeit hatte er noch 8 Mitglieder. In 1980 lt. Aussage ehemaliger Mitglieder ~ 40 Mitglieder. Da ein Knappenverein, wie zuvor schon angeklungen,  auch zur

Ortsgeschichte gehört, hat der Bürger- und Heimatverein sich zum Ziel gesetzt, wenigstens die

geschichtliche Erinnerung an den Knappenverein Heven  zu bewahren.

Um diese Aufgabe zu bearbeiten ist es natürlich notwendig die Vereinsgeschichte zu kennen. Doch da beginnt es schon zu haken. Es gibt zwar noch einige Zeitzeugen , ehemalige Mitglieder, die uns aber über die Vereinsgeschichte nur sehr wenig berichten können und über die Vereinsgründung natürlich gar nichts, da der Verein ja vor über 100 Jahren gegründet wurde.

Einige Requisiten konnten wir inzwischen bekommen.

So überließ uns das ehemaligen Vereinsmitglied Herr Heinz Günter Jung die Vereinsfahne, 3 Benzinsicherheitslampen, einige Bergkittel mit Schirmmützen und eine Fototafel aus dem Jahre 1942 auf dem alle damaligen Vereinsmitglieder als Einzelporträts abgelichtet sind.

Das ehemalige Vereinsmitglied Herr Gerhardt Milewski stellte uns sein Quittungsbuch mit angefügter Satzung zum Kopieren zur Verfügung.

In dem Buch:„ Witten, die Wiege des Ruhrbergbaus“ von Bruno Sobottka, ist eine Fotokopie eines handschriftlichen Protokolls aus dem Protokollbuch des Vereins über die Generalversammlung vom 17.02.1901 zu finden. Das in „Sütterlin“ geschriebene Protokoll lautet wie folgt:

Verhandelt                                                                                                                              

Heven, den 17. Febr. 1901

 

Laut Generalversammlungsbeschluß vom heutigen Tage wurde zu Punkt I unserer Tagesordnung der aktive Vorstand gewählt. Das Ergebnis der Wahl war folgendes:

Gustav Ostwinkel 1., Wilhelm Padberg 2. Vorsitzender; Friedrich Rökken 1. Ernst Steveling 2. Schriftführer; Heinrich Lembeck 1., Heinrich Middelmann 2. Kassierer. Außerdem wurden die Beisitzer Wilhelm Mädel (Hädel?) und Wilhelm Wegmann gewählt. Sämtliche Gewählten haben die Wahl angenommen.

 Zu Punkt II wurde die Abänderung ( Nr. 19?) im Statut von den anwesenden Mitgliedern einstimmig beschlossen und derselben folgenden Fassung gegeben: Von fünf zu fünf Jahren muß der Vorstand durch einen sachverständigen Techniker prüfen lassen, ob hinsichtlich der Lebensfähigkeit der Kasse eine Veränderung eingetreten ist oder Änderungen des Statuts hinsichtlich der Größe der Beiträge oder der Kassenleistungen etwa erforderlich erscheinen.

 Die Ergebnisse dieser technischen Prüfung sind zur Kenntnis der Aufsichtsbehörde und zur Beratung der nächsten Generalversammlung zu bringen, welche über die Ausgleichung des etwa entstandenen Fehlbetrages zu beschließen hat.

 Zu Punkt III wurden Heinrich Beckmann und Heinrich Gies als Mitglieder aufgenommen.

 Zu Punkt IV wurde das Lokal (Local) des Herrn Böhle einstimmig zum Versammlungslokal (Versammlungslocal) gewählt.

 Bei Punkt V (verschiedenes) wurde I. der Zahlungstermin an jedem zweiten Sonntag im Monat im Vereinslokal (..local) festgesetzt; zweitens wurde für Lieferung der Vereinsmützen eine Kommission, Heinrich Storchmann, Heinrich Lembeck, Heinrich Middelmann, Friedrich Wegmann und Friedrich ???…… (gebildet ?).

Hier endete die Kopie.

Da das Protokoll wie erwähnt eine Fotokopie aus dem Protokollbuch ist, suchen wir dieses Buch noch. Vermutlich enthält es auch das Gründungsprotokoll und eine Erklärung zu der Jahreszahl 1902 auf der Fahne.

Nachfolgend die Satzung von 1931.

 Satzung und Quittungsbuch

des Knappenvereins „Glück auf Witten-Heven“.

  • 1. Der Verein hat den Zweck, die Mitglieder von Zeit zu Zeit gesellig zusammen zu führen und die kameradschaftlichen Beziehungen zu fördern und zu pflegen. Sollten die Kassenverhältnisse es erlauben, so soll den Hinterbliebenen der verstorbenen Mitglieder eine Beihilfe zu den Beerdigungskosten gezahlt werden, ohne ihnen jedoch einen Rechtsanspruch darauf zu gewähren.
  • 2. Mitglied des Vereins werden kann jeder Bergmann der seinen Wohnsitz in Witten-Heven oder Um­gebung hat und sich im Besitze der bürgerlichen Ehren­rechte befindet.
  • 3. Wer Mitglied des Vereins zu werden wünscht, hat sich dieserhalb mündlich oder schriftlich beim Vor­stand anzumelden.
  • 4. Jedem durch Vorstands- oder Generalversamm­lungsbeschluß aufgenommenen Mitglied ist vom Vorstand eine entsprechende Mitteilung unter Zustellung eines Exemplares der Satzungen zu machen.
  • 5. Wer aus dem Verein auszutreten wünscht, hat dieses dem Vorstand schriftlich anzuzeigen. Diese Anzeige muß, wenn der Austretende yon der Zahlung des nächsten Monatsbeitrages befreit sein will, mindestens 8 Tage vor dem monatlichen Zahlungstermin bewirkt werdet.
  • 6. Jedes Mitglied hat das Recht an den Versammlungen mit Stimmrecht  teilzunehmen. Das Stimmrecht kann nur in Person ausgeübt werden.
  • 7. Neu aufgenommene Mitglieder zahlen ein Eintrittsgeld dessen Höhe alljährlich in der Generalversammlung festgesetzt wird. Außerdem hat jedes Mitglied monat­lich einen Beitrag zu entrichten dessen Höhe ebenfalls in der Generalversammlung  festgesetzt wird.
  • 8. Die Beerdigung eines verstorbenen Mitgliedes findet unter Beteiligung der Mitglieder statt.
  • 9. Die Geschäfte des Vereins werden von dem Vor­stand geführt, derselbe besteht aus :

a) dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter,

b) dem Schriftführer und dessen Stellvertreter,

c) dem Kassierer und dessen Stellvertreter,

d) einem Beisitzer auf je 50 Mitglieder

in der alljährlichen Generalversammlung findet eine Neu-Wahl des gesamten Vorstandes statt. Wiederwahl  des alten Vorstandes ist statthaft

  • 10. Die Wahl jedes einzelnen Vorstandsmitgliedes ist in einem besonderen Wahlgang zu bewirken.

Als gewählt gilt derjenige, welcher die meisten der von den im Wahllokale anwesenden Mitgliedern abgegebenen Stimmen erhalten hat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Vorsitzenden zu ziehende Los. Die Zahl der bei jedem Wahlgang im Wahllokale anwesenden Mitglieder ist im Wahlprotokoll genau anzugeben.

  • 11. Der Vorsitzende leitet die Vorstandssitzungen, so­wie die Versammlungen, er beruft den Vorstand, so oft es die Lage der Geschäfte erfordert, insbesondere dann, wenn die Mehrheit der Mitglieder es beantragt.
  • 12. Zur Beschlußlähigkeit des Vorstandes ist (neben ?)dem Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter und dem Schrift­führer oder dessen Stellvertreter mit eingerechnet die An­wesenheit von 3 Mitgliedern erforderlich.

Die Beschlüsse des Vorstandes werden nach Stimmenmehrheit gefaßt, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Über die Verhandlungen ist von dem Schrift­führer ein Protokoll aufzunehmen, welches von diesem und dem Vorsitzenden zu vollziehen und gleich den übri­gen Schriftstücken des Vereins vom Schriftführer aufzu­bewahren ist.

  • 13. Die Vorstandsmitglieder verwalten ihre Ämter unentgeltlich und sind verpflichtet, den Vorstandssitzungen sowohl als auch den Versammlungen regelmäßig beizuwoh­nen oder sich in Behinderungsfällen vorher zu entschuldigen

14.  Der Schriftführer besorgt nach Anweisung des
Vorsitzenden den Briefwechsel für den Verein und berichti­gt das Mitgliederverzeichnis.

15. Der Kassierer verwaltet die Kasse und das Rechnungswesen. Er hat die Beiträge und die sonstigen Einnahmen zu erheben, die Ausgaben nach Anweisung des Vorsitzenden zu leisten; über Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen, in jeder Vorstandssitzung über Stand der Kasse Bericht zu erstatten und alljährlich bis zum 1. Februar Rechnung über das verflossene Geschäftsjahr zu legen, welche vom Vorstand geprüft sowie zur Abnahme und Entlastung für die nächste Generalversammlung vor­bereitet wird. Barbeträge von mehr als 50,— DM hat der Kassierer bei der Sparkasse in Witten oder unter Beach­tung der Vorschriften über die Belegung von Mündelgeldern anderweitig zinsbar anzulegen.

  • 16. Das Geschäftsjahr des Vereins beginnt mit dem 1. Januar und endet mit dem 31. Dezember.
  • 17. Der Vorstand beruft einmal im Jahre und zwar im Monat Februar eine ordentliche Generalversammlung. Außerordentliche Generalversammlungen können von dem selben so oft einberufen werden als er dieses nach Lage der Geschäfte für erforderlich erachtet; dieselben müssen stattfinden und zwar binnen einer Frist von längstens 2 Wochen wenn 15 Mitglieder beim Vorstand einen diesbezüglichen, begründeten Antrag gestellt haben.,
  • 18. Die Generalversammlung ist beschlußfähig ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mitglieder.
  • 19. Zur Prüfung der Jahresrechnung wird von der Generalversammlung alljährlich eine aus 3 Mitgliedern bestehende Prüfungskommission gewählt.
  • 20. Alle im Interesse des Vereins erforderlichen Bo­tengänge werden durch einen Vereinsboten besorgt, dessen Wahl alljährlich in der Generalversammlung erfolgt. Der Bote erhält für seine Mühewaltung eine Entschädigung deren Höhe durch Generalversammlungsbeschluß festge­setzt wird.
  • 21. Änderung dieser Satzungen sowie die Auflö­sung des Vereins können nur in einer außerordent­lichen Generalversammlung beschlossen werden, wenn sich 2/3 der infolge vorschriftsmäßiger Einladung erschienenen Mitglieder für die Änderung bzw. die Auflösung aus­sprechen.
  • 22. Im Falle einer Auflösung des Vereins fällt das nach Tilgung der Verbindlichkeiten desselben verbleiben­de Vermögen den beiden Krankenhäusern der Stadt Witten zu.

 

Witten-Heven den 23. August 1931.

Der Vorstand:

 

in Vertretung : gez. Otto Leimann ?

 

gez. Teeyig ?? (unleserlich) Teke ??                 gez. Jünger

 

Die Satzung wurde, da sie nur als Datum den 31.08.1931 nennt, offensichtlich seit diesem Zeitpunkt nicht geändert.

Wenn diese Satzung auch schon damals, 1901 als das oben erwähnte Protokoll geschrieben wurde in dieser Form galt, müsste der Verein zu der damaligen Zeit mehr als 50 Mitglieder gehabt haben, da 2 Beisitzer gewählt wurden.

Einige Hinweise zum Knappenverein Heven finden sich auch in der Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum 1984 des Knappenvereins Herbede.

So wird berichtet, dass eine Einladung des Knappenvereins Heven im Jahre 1906 gemäß Generalversammlungsbeschluss abgesagt wurde. Hintergrund war wohl die Antipartie, die sich nach dem Bergarbeiterstreik des Jahres 1905 gegen die Knappenvereine richtete.

Im August 1954 muss der Verein auch noch eine größere Mitgliederzahl gehabt haben, da an der

70-Jahrfeier des Knappenvereins Herbede 22 Mitglieder des Hevener  Knappenvereins teilnahmen.

Der Knappenverein Heven lud  im März 1979 zwecks  Kontaktaufnahme mit dem Herbeder Knappenverein, den engeren Vorstand dieses Vereins zu einer Versammlung nach Heven ein.

Welcher Grund dafür vorlag wird nicht berichtet.

Möglicherweise war bereits Mitgliederschwund beim Hevener Knappenverein der Grund.

Das Quittungsbuch wurde, anders als die Satzung, wohl schon mal überarbeitet, da im Vordruck das DM- Zeichen gedruckt wurde.

Die erste Eintragung datiert hier vom 3.3.1984 und bestätigt einen Aufnahmebeitrag von 1,00 DM.

Die Höhe dieses Eintrittsgeldes musste lt. Satzung jährlich in der Generalversammlung festgesetzt werden.

Der Jahresbeitrag betrug laut Quittungsbuch 1984: 15,00 DM, im Jahre 1990 betrug er 20,00 DM.

 Die Satzung gestattete nur Bergleuten die in Heven oder Umgebung wohnten die Mitgliedschaft. Diese Regelung konnte in späteren Jahren wohl nicht mehr eingehalten werden, denn es waren nachweislich auch Nichtbergleute Mitglieder.

Die Vereinsfahne trägt die Jahreszahlen 1900 und 1902, das zuvor erwähnte Protokoll stammt von 1901. Vermutlich wurde der Verein also wohl 1900 gegründet. Welche Bedeutung aber hat die Jahreszahl  1902 auf der Fahne?

Die uns überlassene Fototafel mit den Vereinsmitgliedern aus 1942 kann hier natürlich nicht ab gebildet werden. Unser Vorstandsmitglied und Redakteur unserer Heimatberichte, Herr Dr. Jörgen Beckmann, hat aber mit den heutigen elektronischen Reproduktionsverfahren jedes Mitglied als Einzelaufnahme dargestellt.

Sollte jemand unserer Leser meinen, einer seiner Verwandten oder Bekannten könnte dort auch abgebildet sein und Interesse an einem Bild besteht, kann er sich an eine der im Heft genannten Vorstandsadressen wenden.

Zum Schluss eine Bitte an alle Leser dieses Berichtes: wenn Sie oder möglicherweise einer ihrer Bekannten uns weitere Hinweise und/oder Informationen über den Knappenverein Heven geben können, teilen Sie uns das doch mit.